Die erste Hälfte meines Freiwilligendienstes verging unglaublich schnell. Ich habe bis jetzt schon sehr viel erlebt und von Rumänien gesehen. Besonders beeindruckend in Siebenbürgen sind die vielen wunderschönen Burgen und Schlösser, wie das Castelul Corvinilor in Hunedoara oder Burg Bran und Schloss Peleș in der Nähe von Brașov.
Auch einige Städte habe ich bis jetzt besichtigt und vor allem Sibiu und Sighișoara haben wunderschöne Innenstädte die jeder, der mal nach Rumänien kommt, gesehen haben muss. Sighișoara wurde im zwölften Jahrhundert von deutschen Einwanderern gegründet und hat eine einzigartige mittelalterliche Altstadt. Bei einem Spaziergang zwischen den bunten Häusern sieht man nahezu ausschließlich deutsche Straßenschilder oder Hotels und Restaurants mit deutschen Namen, wie Wagner, zur Post, Haydn oder Schuster.

Zwischenseminar bietet Zeit zum Austausch, zur Reflexion und zu Gesprächen über den Krieg in der Ukraine 

Für eine Woche war ich in Sighișoara und habe dort an meinem Zwischenseminar teilgenommen, das verpflichtend für jeden ist, der einen Freiwilligendienst im Ausland macht.[Textflussumbruch]Der Wochenplan mit zu besprechenden Themen wurde von uns Freiwilligen größten Teils selbst erstellt, weshalb hauptsächlich Inhalte geplant waren, die mir zur Zeit besonders wichtig erscheinen.
Am ersten Tag haben wir unser letztes halbes Jahr im Freiwilligendienst Revue passieren lassen und verarbeitet, indem wir es bildlich dargestellt haben und uns anschließend mit anderen Freiwilligen darüber unterhalten haben. Mir hat diese Aufgabe sehr geholfen meine Gedanken und Erfahrungen zu sortieren und besonders schön fand ich nach dem Gespräch die „heißen Duschen“, also lieben und aufbauenden Worte der Mitfreiwilligen.
Im Laufe der Woche wurden weitere Themen besprochen, unter anderem Diskriminierung. Der Fokus dabei lag besonders auf der Sinti*zze und Rom*nja Gruppierung, mit der ich hier in Rumänien häufig in Kontakt komme.
Ein sehr aktuelles Thema war der Ukrainekrieg, den wir am Mittwoch thematisiert haben. Dabei sind wir weniger auf den geschichtlichen Hintergrund und Fakten zum Krieg eingegangen, sondern unsere Gefühle und Ängste standen im Vordergrund. Ich fühle mich in meiner Umgebung und meinem Einsatzfeld dennoch immer noch sicher. Blaj liegt sehr zentral in Rumänien und Rumänien ist durch die Nato und EU besonders geschützt vor Angriffen.
Nach dem doch recht bedrückenden Thema am Vormittag haben wir am Nachmittag eine Wanderung unternommen um den Kopf frei zu bekommen und uns unabhängig vom Seminar miteinander auszutauschen. Dabei haben wir sogar Bärenspuren im Wald gesehen, was uns dennoch nicht von unserem Weg hat abbringen lassen.

Aus dem Seminar werde ich sehr viel mitnehmen! Natürlich viele Informationen über verschiedene besprochene Themen, aber auf jeden Fall auch viele Erfahrungen, Gespräche und Tipps anderer Freiwilliger. Ich freue mich sehr so viele liebe junge Erwachsene kennengelernt zu haben, die etwas ähnliches machen wie ich und habe einige neue Freunde dazu gewonnen.

 

Blutdruckmessungen, Besorgungen, Basteln und vieles mehr

Nach meiner Rückkehr vom Seminar hat sich in meiner Arbeit allerdings einiges geändert. Normalerweise arbeite ich vormittags mit einer Ordens- und Krankenschwester zusammen in dem Home-Care-Center für Bedürftige der Caritas. Gemeinsam besuchen wir ältere und ärmere Frauen, unterhalten uns mit ihnen, führen Blutdruck- und Blutzuckermessungen durch und füllen Medikamentenschachteln auf. Häufig bin ich für sie auch in der Stadt unterwegs und besorge Rezepte, Medikamente und Lebensmittel oder bezahle Rechnungen.
Die Nachmittage verbringe ich in der Regel im Tageszentrum für Kinder und Jugendliche, wo ich das Mitarbeiterteam, bestehend aus einer Psychologin, einer Lehrerin und einer Sozialpädagogin, unterstütze und auch selbst Einheiten für die Kinder gestalte. Im Frühjahr habe ich bereits einige Projekte mit den Kindern durchgeführt. Gemeinsam haben wir die Fenster in meiner Einsatzstelle frühlingshaft dekoriert und Mitte Februar haben wir zusammen Fasching gefeiert, deutsche Kinderlieder gesungen und dazu getanzt. Solche Aktionen machen den Kindern immer sehr viel Spaß und ich bin froh über die große Offenheit anderen Kulturen und Festen gegenüber, die mir entgegenkommt.

 

Caritas Blaj unterstützt Betroffene des Ukraine-Kriegs

Inzwischen wird meine Hilfe allerdings auch an anderen Einsatzstellen der Caritas stark benötigt. Regelmäßig kommen LKWs aus Deutschland, Österreich und Frankreich mit allerhand Textilien, Hygieneartikeln und Lebensmitteln für Bedürftige in oder Flüchtlinge aus der Ukraine. Bereits fünfzehn solcher LKW-Transporte hat die Caritas Blaj in den letzten zwei Wochen organisiert, was für uns Mitarbeiter natürlich einiges mehr an Arbeit bedeutet.
Meine Aufgabe dabei ist es hauptsächlich die Übergabe für die Organisationen zu protokollieren und zwischen den deutschsprachigen Fahrern und örtlichen Verantwortlichen zu übersetzten. Gemeinsam mit anderen freiwilligen Helfern räumen wir dann die vielen Paletten voll Kartons aus und stellen sie in der großen Lagerhalle sortiert für die LKWs aus der Ukraine bereit. Als die ersten zwei Ukrainer kamen um Waren abzuholen war das für mich ein beeindruckendes Ereignis. Alle Helfer waren sehr engagiert, sodass wir beide LKWs an einem Vormittag beladen konnten und uns wieder von ihnen verabschiedet haben. Die Fahrer waren sehr dankbar für all die Spenden und lieben Worte der Caritas Mitarbeiter, wodurch der Abschied trotz des kurzen Aufenthalts für einige emotional wurde.

Die Situation in meinem jetzigen Nachbarland bedrückt mich sehr. Besonders wenn ich mit Menschen in Kontakt komme, die, wie die LKW Fahrer, direkt vom Krieg betroffen sind und um ihre Familie und ihr Land weinen. Umso mehr möchte ich mich bei allen Bedanken, die sich in irgendeiner Weise für die Flüchtlinge und die Leidenden des Krieges einsetzten oder Organisationen und Einzelpersonen fördern, die aktiv zu einer Verbesserung der Situation in der Ukraine beitragen.

Bis demnächst, Kristina